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AstronomieTestbericht

Test: iOptron CEM25EC Astronomische Montierung, Teil 1

By 2020-07-04Juli 19th, 2020One Comment

Meine ersten Erfahrungen mit dem Hobby Astronomie als Teenager liegen über 25 Jahre zurück. Damals begann eine wilde Leidenschaft, die mich bis zum Zivildienst begleitete, aber mit Beginn meines Studiums und dem Übergang ins Berufsleben einen starken Dämpfer erfuhr. Das Interesse am Himmelsgeschehen war nicht verschwunden. Wenig konnte mich glücklicher machen als ein prachtvoller Sternhimmel. Im Beruf als Pilot genoss ich die Möglichkeit, über den Wolken und fernab der Lichtverschmutzung das Schauspiel über uns zu betrachten.

Doch vorbei waren die Zeiten, in denen ich stundenlang mit einem Auto voller Ausrüstung an einen dunklen Beobachtungsort fuhr, um bis zum Morgengrauen Planeten, Nebel und Galaxien zu fotografieren. Ich hatte mich mit Inbrunst in die Fertigkeiten gestürzt, immer bessere Astrofotos zu machen: erst die manuelle und dann die automatische Nachführung der Montierung, die Entwicklung von E6 Diafilmen im Heizungskeller, die digitale Nachbearbeitung am PC. Es war eine Materialschlacht, sie war teuer, und trotzdem war ich weit entfernt von den besten Astrofotografen der Welt!

Irgendwann überkam mich das Bedürfnis nach einer einfacheren Astronomie. Ich verkaufte fast die gesamte Ausrüstung. Es blieben ein kompakter, optisch genialer 80/480 mm Apochromat von TMB auf einer azimutalen Montierung und eine digitale Spiegelreflexkamera auf einem Stativ. Ich beschränkte mich fast ausschließlich auf „Genussbeobachten“ auf dem Balkon und Landschaftsastrofotografie.

Trotzdem kam alle paar Monate Wehmut auf, wenn ich die neuen Astrofotos der alten und neuen Hasen sah. Ich war erstaunt, wie rasant der technische Fortschritt vorantrieb. Mit jeder neuen Generation Digitalkameras wurden Auflösung, Empfindlichkeit, Rauschverhalten besser. Leistungsstarke, überwiegend automatisierte Software übernahm Aufgaben, die ein Jahrzehnt zuvor in mühevoller Handarbeit erledigt werden mussten, sofern sie überhaupt möglich waren! Mittlerweile sind mit Smartphones Astrofotos möglich, die meine ersten Gehversuche mit Film weit übertreffen.

Ich wollte wieder mehr fotografieren und ging an die Grenzen meiner Ausrüstung. Ohne Nachführung kann man bekanntlich nicht sehr lang belichten. Die Faustformel sagt, dass Brennweite geteilt durch 500 die Zeit in Sekunden ergibt, bei der durch die Erddrehung Himmelsobjekte zu verschmieren beginnen. Beim TMB liegt diese Grenze also bei rund einer Sekunde, wobei sie für das kritische Auge deutlich kürzer ist. Als Venus im April dieses Jahres durch die Plejaden zog wusste ich, dass die Grenzen meiner Ausrüstung zu eng waren und ich wieder eine motorisierte äquatoriale Montierung brauchte.

Etwa fünfzehn Jahre lang hatte ich keine Nachführmontierung für mein Teleskop besessen und der Markt wurde wirklich revolutioniert. Nicht nur können einfache Kameras direkt nach dem Auspacken bessere Fotos vom Nachthimmel machen als noch vor ein-zwei Jahrzehnten spezialisierte high-tech Ausrüstung mit sehr viel Aufwand. Präzise Nachführung ist auch nicht mehr außer finanzieller Reichweite der astronomischen Mittelklasse. Für mein kompaktes, aber schweres Teleskop wurde mir für eine umfassende Rezension die iOptron CEM25EC von Astroshop empfehlen, die die Montierung zu einem wettbewerbsfähigen Preis in ganz Europa vertreiben. Die Lieferung war schnell, innerhalb von zwei Tagen konnte ich die neue Ausrüstung auf Herz und Nieren prüfen. Mein erste Eindruck in einem Wort: fantastisch! In ein paar mehr Worten: lest weiter…

Die iOptron CEM25EC ist das Spitzenmodell einer Montierungsserie, die bei unter 1000 € beginnt. Das Grundmodell kommt mit allem, was man benötigt, um sein Teleskop für Astrofotografie (oder stressfreies Beobachten) den Sternen nachzuführen. Stativ, Montierungskopf, Gegengewichtssystem und sogar ein beleuchtetes Polsucherfernrohr sind dabei. Der Polsucher ist ein unverzichtbares Zubehör für die schnelle und präzise Ausrichtung der Montierung zur Erdachse für optimale Nachführung. Oft als teure Erweiterung erhältlich, gehört er bei allen Versionen der CEM25 zum Lieferumfang.

Integriertes GPS mit einer computergesteuerten Handbox lässt dich schnell die Montierung am Nachthimmel ausrichten und auf Knopfdruck jedes der 59.000 Objekte in der Datenbank anfahren. Die Ausführung, das ich teste, kostet etwa doppelt so viel wie das Basismodell. Für diesen Aufpreis bekommst du optische Encoder für außerordentlich präzise Nachführung, die deine Astrofotos noch besser macht. Sie at außerdem die fortgeschrittene Steuerungssoftware der semi-professionellen CM60 Montierung.

Ein weiterer positiver Aspekt dieser Montierung ist der Transportkoffer, der bei allen Modellen mit Ausnahme des günstigsten zum Lieferumfang gehört. Er hat ein gepolstertes Innenleben aus passend gefrästem Styropor, das außer dem Stativ alle Teile der Montierung aufnimmt. Ich habe Montierungen besessen, die ein vielfaches der CEM25EC kosten und musste dafür eigene Transportkoffer bauen – nicht das, was man bei Ausrüstung erwartet, die transportabel sein soll. Und transportabel ist diese Montierung: Ohne Teleskop und Gegengewicht kann ich sie leicht mit einer Hand anheben. Der Kopf wiegt karge 4.7 kg, kann aber mit über 12 kg beladen werden! Dieses erstaunliche Kunststück wird durch das raffinierte mittenbalancierte Z-förmite Design des Kopfes ermöglicht. Dies scheint eine Neuerung der letzten Jahre zu sein, die ich verpasst hatte. Anfangs etwas gewöhnungsbedürftig in der Bedienung, bietet sie sehr hohe Stabilität in einem sehr kompakten Paket, das Torsion in der Polhöhenwiege vermeidet.

Das Stativ ist mit 5 kg Gewicht sehr massiv und stabil. Es kann in der Höhe von ca. 70 bis 120 cm eingestellt werden (plus Höhe des Montierungskopfes). Die Beine haben am Ende Metallspikes, mit aufgesteckten weichen Plastikkuppen. Sie scheinen eher dazu gedacht zu verhindern, dass die Spikes beim Transport etwas beschädigen, als empfindliche Untergründe im Gebrauch zu schützen. Ich habe sie für letzteres benutzt und sie sind bereits eingerissen. Ich empfehle, sie bei Gebrauch zu entfernen und das Stativ lieber auf Schwingungsdämpfer zu stellen. Der Zubehörteller (zu finden im Deckel des Transportkoffers) wird von unten mit einem großen Kunststoffknauf zwischen die Stativbeine geklemmt und gibt dem Stativ damit einen bombenfesten Stand.

Der Aufbau der Montierung ist kinderleicht. Wenn du bereits eine äquatoriale Montierung besessen hast, brauchst du keine Anleitung, um diese zum Laufen zu bekommen. Wenn dir solche Ausrüstung neu ist, wird es nicht lange dauern, bis du sie in unter fünf Minuten aufgebaut hast. Apropos Bedienungsanleitung: Diese ist nur auf Englisch verfügbar. Wenn du nicht fließend sprichst oder einige der Begriffe Neuland darstellen, wunderst du dich eventuell an der einen oder anderen Stelle, Bis jetzt hatte ich damit jedoch keine Probleme.

Die Gegengewichtsstange ist mit zwei Schrauben fixiert, eine davon geht sogar in die Stange hinein. Am Ende der Stange findet man eine Sicherungsschraube die verhindert, dass ein loses Gegengewicht runterfällt. Beides sind wichtige Sicherheitsmerkmale, die jeder schätzt, der jemals eine teure Fliese mit einem Gegengewicht zerstört hat (ja, ich war das!). Teleskope können mit dem universalen Schwalbenschwanz Typ „Vixen“ befestigt werden. An der CEM25EC ist das eine sehr solide Verbindung. Ich bin sicher, das hat unter anderem damit zu tun, dass das Klemmstück mit zwei separaten Knaufen festgedreht wird. Dies finde ich jedoch etwas unpraktisch, da man die beiden immer abwechselnd eine kleine Drehung festziehen muss, damit die Klemmbacke nicht verkantet.

Der Aufbau kann in drei grobe Phasen aufgeteilt werden:

1. Ziehe die Beine des Stativs auf die gewünschte Länge, positioniere es auf dem Boden (Zentrierstift nach Norden) und schiebe den Zubehörteller von unten auf die Gewindestange. Ziehe den Knauf noch nicht fest!

2. Stelle den Montierungskopf auf das Stativ und schraube die Mittelstange von unten ein, um den Kopf auf dem Stativ zu fixieren. Ziehe jetzt den Knauf unter dem Zubehörteller fest! Falls nötig, justiere die Stativbeine, damit die Montierung waagerecht steht.

3. Installiere Gegengewichtsstange, Gegengewicht und Teleskop, dann balanciere die Montierung aus.

4. Zum Schluss verbinde alle Kabel und die Handbox und schalte die Montierung an!

Wenn der Kopf auf deine ungefähre geografische Breite eingestellt ist und grob Richtung Norden zeigt, kann es sein, dass die Nachführgenauigkeit für die visuelle Beobachtung oder Weitwinkelfotografie bereits ausreicht. Ich konnte auf diese Art 60 Sekunden bei 200 mm ohne sichtbare Strichspuren nachführen. Für längere Brennweiten oder Verschlusszeiten führt die Feinjustierung mittels Polsucher zum Ziel. Ich werde dies in Teil 2 der Rezension erklären, in dem ich außerdem im Detail auf den Aufbau und die Ausrichtung der Montierung am Sternhimmel mittels Handbox für Go-To Funktionalität eingehen werde!

Vielen Dank an Astroshop.de für die Bereitstellung der iOptron CEM25EC für diese Rezension.