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#23: Es ist nicht was du denkst!

Irgendwie finde ich ihn pessimistisch. Gerade noch die Kurve gekriegt aus der Negativität in ein positives Ende. So habe ich über den letzten Freiheitsbrief gedacht.

Und dann kam das Feedback. Ein Leser kommentiert, dass er zwischenzeitlich aufgegeben hatte, die Briefe zu lesen, jedoch scheinbar durch Fügung den aktuellen geöffnet hat. Eine Leserin schreibt, es sei bis dato der beste Freiheitsbrief gewesen.

Impostor Syndrome – das Hochstapler-Syndrom – trifft mich immer wieder mal.

Über meinen Englischlehrer Herr Theodorescu sagten wir in der Schule: „Er kann sieben Sprachen, aber keine davon richtig.“ Freundlich war das nicht, und damit vollkommen an der Realität vorbei, dass dieser Mensch in ganz Europa und großen Teilen der restlichen Welt nach dem Weg fragen, im Restaurant nicht nur nach Bildern bestellen und überhaupt praktisch alle Alltagssituationen souverän meistern konnte.

Das ist beeindruckend!

Meinen Freund Mario habe ich wahnsinnig bewundert. Wir lernten uns auf einem dunklen Feld kennen, auf dem wir beide unsere Teleskope gen Himmel richteten und Sterne, Planeten und ferne Galaxien fotografierten. Während ich noch einem halben Dutzend anderen Beschäftigungen nachging, widmete Mario all seine Zeit diesem einen Hobby. Und er wurde gut, verdammt gut. Viel besser als ich!

Ich bin nicht der beste Fotograf der Welt. Ich bin nicht der beste Speaker der Welt. Ich bin nicht der beste Autor der Welt. Ich bin nicht der beste Pilot der Welt. Ich bin nicht der beste Coach der Welt.

Indem ich meine Aufmerksamkeit auf verschiedene Interessen und Berufe lenke, bleibt in jedem Bereich für sich Luft nach oben. Doch die Vielseitigkeit hat auch etwas magisches. Meine Erfahrung als Pilot macht mich zu einem einmaligen Coach. Meine Erfahrung als Fotograf macht mich zu einem einmaligen Speaker. Meine Erfahrung als… naja, du verstehst mich sicherlich.

Je mehr zusammen kommt, desto mehr werde ich zum Unikat. Ob du eine Sache in Perfektion machst oder dich über eine einzigartige Kombination aus Fähigkeiten auszeichnest (das nennt man heute skill stacking) – DU bist wertvoll für diese Welt!

Ich bin der beste Ulrich Christopher Beinert dieser Welt. Und du bist der oder die beste DU der Welt. Such dir jetzt sofort einen Spiegel, schau dich an und sag: „Ich bin der/die beste [dein Name] der Welt!“

Erledigt? Nein? Los! Ich meine das ernst!

Wenn ich Menschen sage, wie wichtig es ist, sich selbst zu lieben, dann verwechseln das manche mit Egoismus. Liebe bedeutet für mich vor allem bedingungslose Akzeptanz, nicht nur von den guten Dingen, sondern auch von den (vermeintlich) schlechten Seiten.

Wer legt fest was gut und schlecht ist? Ich war mit meinem Freiheitsbrief nicht so glücklich und andere fanden ihn spitze! Umgekehrt kann es auch laufen: Du findest etwas ganz toll und andere kritisieren es eher.

Heißt das, dass du etwas ändern musst? Nein!

Mach dir bewusst, dass es eine Selbstwahrnehmung und eine Fremdwahrnehmung gibt, die sich nicht zwingend gleichen.

Es ist auffällig, wie oft wir uns selbst und andere bewerten. In der Schule haben wir ersten Kontakt mit Noten und Zensuren. Im Arbeitsleben kommen dann Beurteilungsgespräche. Und bitte bewerten Sie uns bei Google! Die Freude über eine gute Bewertung, die Angst vor einer schlechten – unbewusst (und manchmal sehr bewusst) richten wir unser Verhalten danach aus.

Ist das Freiheit?

Wir wollen alle wachsen. Ich vermute und hoffe, du liest deshalb diese Briefe. In meinen Augen verhindert die permanente Be-Wertung jedoch ein freies Wachstum. Das erfordert ehrliches, liebevolles und wertfreies Feedback.

Feedback gibt man nicht unaufgefordert, du bittest darum (so wie ich immer wieder in den Freiheitsbriefen – ich freue mich über dein Feedback). Feedback erfolgt immer aus der Beobachterperspektive. Bedank dich dafür, wenn du es erhältst.

Du darfst daran wachsen. Du darfst auch für dich entscheiden: Ich sehe das anders und möchte nichts ändern. Selbst- und Fremdwahrnehmung.

#machdichfrei

Dein Ulrich

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